Historische Hemdenkragen
des späten 19. bis Mitte 20. Jahrhunderts
erstellt am 5.Januar 2014
In kürze tauchen wieder Hunderte von Gästen des Berner Oberländer Ortes Kandersteg in die Zeit der Belle Epoque.
Von Jahr für Jahr bedienen wir mehr Kunden, die sich standesgemäss und, was uns besonders freut, authentisch gekleidet in diese Zeit zurückversetzen lassen möchten. So sind in den letzten 2 Jahren bei unseren Kunden auch viele Accessoires gefragt, die man eben nicht überall bekommt und die Bekleidungen auch so einzigartig und authentisch machen.
Eines dieser speziellen Accessoires sind die hohen, anknöpfbaren Kragen der Herrenhemden jener Zeit. Im folgenden Blogbeitrag möchten wir nun ein Paar Kragen und dazugehörige Befestigungsteile näher erläutern.
Geschichte
Herrenhemden späten 19. bis Mitte 20. Jahrhunderts waren prinzipiell Kragenlos. Die aus Leinen oder Baumwolle gefertigten Hemden waren zudem meist nur bis in die Mitte des Hemdes aufknöpfbar (hinten oder vorne) und mussten über den Kopf gezogen werden. (Schlupf- oder Halbhemd) Zudem waren die Hemden knielang, woher auch der Begriff "mach dir nicht ins Hemd" stammt. Das Hemd wurde dabei einfach zwischen den Beinen hindurch gefaltet.
Wie auch das Hemd, wurden die Kragen aus Leinen oder Baumwolle hergestellt. Jeder der jedoch schon einmal ein Smoking- oder Frackhemd getragen hatte, weiss, dass diese Kragen mit Kläppchen nicht einfach so in der Form bleiben. Heute nimmt man dazu Bügelhilfen, sogenannte Kaltstärke aus der Dose, welche man einfach nach dem aufsprühen einbügelt.
Das Stärken von Kragen kennt man schon seit dem 16. Jahrhundert. Zum stärken wurde dabei allerlei verwendet. Kartoffel-, Weizen- und Reismehl waren die gebräuchlisten Hilfsmittel, welche in Wasser gelöst und aufgekocht die erforderliche Mischung gaben. Dazu wurde weisser Wachs beigemischt, um den leichten Glanzeffekt zu erzeugen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen dann die ersten fertigen Stärkeprodukte auf den Markt.
Eine Anleitung zum Stärken von Wäsche findet man auf der Webseite des Waschpflegemuseums Rainbach i.M.
Nachtrag 16. Januar 2014
Im Zuge dieses Blogeintrages sind wir auf zwei volle "Hoffmanns Stärke" Schachteln gestossen, welche nun in unserem Fundus Platz gefunden haben. Wir werden demnächst einen Stärkeversuch unternehmen, jedoch mit handelsüblichen Zutaten.
Befestigungen
Zurück aber zu den Kragen und ihrer Befestigung.
Es gab je nach Hersteller unterschiedliche Knöpfe aus unterschiedlichen Materialien. Dabei unterscheidet man zudem zwischen jenen Knopf, welche man im Nacken und welchen man an der Kropf / Gurgel verwendet hatte.
Der Knopf im Nacken hatte meist zwei abklappbare Bügel, welche zuerst durch eine vorbereitete Stelle am Hemd und dann derselben Stelle im Kragen gedrückt wurde. Die beiden Bügel klappte man dann einfach ab. So blieb der Kragen im Nacken an der gewünschten Stelle.
Im Kropf, resp. Gurgel wurde ein Knopf mit festen oder abklappbaren Kopf verwendet. An diesem wurde nicht nur der Kragen mit dem Hemd geschlossen und fixiert, sondern auch, je nach Modell, eine Krawatte oder Fliege eingehängt und damit das verschieben und hochrutschen verhindert. Dazu mussten die letztgenannte dementsprechend mit einem Bügel bestückt sein. Mehr dazu weiter unten.
Kragenarten
Vatermörder dürfte wohl der am weiten verbreitetster Begriff der hohen Kragen jener Zeit sein. Jedoch stammt die Bezeichnung wahrscheinlich aus einer falschen Interpretation, resp. Aussprache eines französischen Wortes.
Im französischen nannte man die Kragen, welche man auf verschiedenen Hemden aufknöpfen konnte "parasite". Zu deutsch "Schmarotzer". Nun verstand man in Deutschland wahrscheinlich das Wort "parricide" (Vatermörder), welches sehr ähnlich klingt.
Eine weitere Möglichkeit könnte auch der Umstand sein, dass der hohe und meist enge Kragen druck auf die Halsschlagader ausübte und es so zu einem Kreislaufkollaps kam, welcher im schlimmsten Fall zu Tod führen konnte.
Im Laufe der Jahrzehnte nahm die Höhe der Kragen sukzessive ab. Auch die Form der Kläppchen und Kragenspitzen verändert sich, so wie die Mode auch.
Folgend eine kleine Übersicht.
Fliegen und Krawatten
Wie oben schon einmal erwähnt, waren Fliegen und Krawatten speziell vorbereitet, damit diese dort blieben, wo sie hingehörten.
Vor allem beim klassischen Vatermörder war die Chance gross, dass die Fliege nach oben rutschte. Dazu wurden am Band der Fliege Links und rechts, kleine metallene Halter angebracht, welche einfach unter dem befestigten Kragen eingehackt wurden.
Auch am Knopf der Befestigung konnte man den Plastron, Krawatte oder Fliege einhängen und zwar bis auf wenige Ausnahmen immer von unten nach oben. Ein verrutschen war dabei kaum mehr möglich.
Wie immer, sind die von uns vorgestellten Kleidungen, Uniformen und Accessoires bei uns Mietbar und wir stehen immer gerne für Fragen und Anregungen zur Verfügung.