4. Juni
Da sich der 6. Juni nähert, wird es immer schwieriger, unter den vielen Events das Passende zu finden, welches man dann auch rechtzeitig anfahren kann. Der Verkehr nimmt merklich zu an der Küste. Vorallem verstopfen die vielen Wohnmobile und teilweise ungeübten Fahrer/innen mit der Breite und Grösse der Fahrzeuge die Strassen in den normannischen Städtchen. Wir entschieden uns daher, uns eher im Landesinneren aufzuhalten.
Nur wenige Minuten von unserer Unterkunft besuchten wir als erstes heute Morgen den Bény-sur-Mer Canadian War Cemetery. Der Friedhof war gut besucht, und während unseres Aufenthalts fand eine Zeremonie mit Jugendlichen und Kindern aus der Region statt. Die Polizeipräsenz nimmt stetig zu. Kaum waren wir abgestiegen, waren unsere Motorräder interessanter als der Friedhof für die Gendarmen. Bei unserer Besichtigung kamen wir mit einer älteren Dame ins Gespräch, die in Graye-sur-Mer als 4-jähriges Mädchen die Invasion miterlebt hatte. Dabei hatte sie mehrere Fotos aus der Zeit, als die Kanadier ihr Dorf befreiten.
Das Bény-sur-Mer Canadian War Cemetery in der Normandie ist eine Grabstätte hauptsächlich für kanadische Soldaten, die während der Schlacht um die Normandie im Zweiten Weltkrieg fielen. Es enthält 2.048 Gräber, darunter Soldaten der 3. Kanadischen Division, Luftwaffenangehörige und einige britische und französische Gräber. Der Friedhof liegt östlich von Reviers und ist ein Ort des Gedenkens, der auch das Grab von Reverend Walter Leslie Brown beherbergt, dem einzigen Kaplan, der im Zweiten Weltkrieg kaltblütig ermordet wurde.
Eine weitere Station auf unserer Route führte uns nach Douvres-la-Délivrande zum Radar Museum 1944. Dort trafen wir auf einen Herrn aus England, dessen Vater einer von drei Meldefahrern auf BSA WM20 (wie meiner) war und während des Krieges verwundet wurde. Drei deshalb, weil immer drei Meldungen ausgehen mussten, jedoch nur eine die richtige war und auch nur für eine richtige Meldestelle gedacht war.
Das 1944 Radar Museum in Douvres-la-Délivrande liegt auf dem Gelände einer ehemaligen deutschen Radarstation, die 1942 erbaut wurde. Die Station spielte eine wichtige Rolle in der deutschen Verteidigung während der Invasion der Alliierten. Im Museum, das in zwei restaurierten Bunkern untergebracht ist, können Besucher die Geschichte der Radartechnologie und deren Einsatz im Zweiten Weltkrieg nachvollziehen. Es zeigt unter anderem einen Würzburg-Riese-Radar, der für die Luftabwehr genutzt wurde. Seit 2006 wird das Museum von der Gemeinde Douvres-la-Délivrande verwaltet und ist ein bedeutender Ort für Geschichtsinteressierte.
Bunkeranlage des Radarmuseum
Nach einer weiteren kurzen Fahrt besichtigten wir das Château de Fontaine-Henry. Im Park des ehrwürdigen Schlosses hatten sich mehrere Gruppen eingerichtet, um etwas über die Soldaten der Invasion zu erklären und ihre Ausrüstungen zu präsentieren. Wie schon in anderen ähnlichen Lagern waren leider wenige Darsteller zugegen. Die meisten waren selbst unterwegs. Die Kulisse machte jedoch wett, dass wenig da waren.
Château de Fontaine-Henry
Da wir noch geplant hatten, nach Tilly-sur-Seulles zu fahren, um um 14 Uhr an der Parade teilzunehmen, konnten wir uns dort noch eine Weile aufhalten. In Tilly-sur-Seulles hatten Teile der Durham Light Infantry gekämpft, deren Abzeichen wir auf unseren Uniformen tragen. Die Fahrt dauerte etwas länger als geplant, da auch einige Strassen im Landesinneren bereits gesperrt waren. Zudem ist das Netz der Tankstellen in dieser Region der Normandie eher mager, und wir mussten einen kleinen Umweg fahren.
Kurz nach 13 Uhr trafen wir beim Museum in Tilly-sur-Seulles ein. Wir wollten vor der Parade das Museum besichtigen. Trotz des Schildes, das anzeigte, dass geöffnet wäre, machte man Mittagspause. Neben uns standen dutzende Besucher, die zur Parade gekommen waren, vor verschlossenen Türen. Es war ja auch zu viel verlangt, an diesem Tag auch über Mittag offen zu haben. Da leider niemand Bescheid wusste und das offizielle Programm keine Informationen hergab, wann und wo das Ganze beginnen sollte, machten wir uns auf die Suche nach den anderen britischen Fahrzeugen.
Heute und Juni 1944 - Lingèvres
Beim Tilly-sur-Seulles War Cemetery fanden wir diese dann, zusammen mit vielen Besuchern aus England. Da die Organisation etwas chaotisch war und sich das Ganze in die Länge zog, hatten wir genügend Zeit, uns umzusehen. Wie schon zuvor ergaben sich auch hier viele interessante Gespräche mit den Besuchern. Ihre Geschichten sind eine wahre Inspiration und der Hauptgrund, weshalb wir das hier auch tun. Ihre Geschichten sind weder in einem Buch noch irgendwo anders zu lesen. Schicksale, die Geschichte schreiben und leider verschwinden, wenn die Menschen von uns gehen.
Statt um 14 Uhr ging es dann erst um 15 Uhr los. Die Parade durch das kleine Städtchen war sehr kurz und vor allem sehr schnell. Die Fahrt ausserhalb von Tilly führte uns zum anderen Friedhof, dem Hottot-les-Bagues War Cemetery. Dort gab es eine offizielle Kranzniederlegung mit Schulkindern. Anschliessend wurden den Kindern und Jugendlichen Fahrzeuge und Ausrüstungen erklärt. Wir präsentierten den kompletten persönlichen Kit der britischen Soldaten, vom Nähset, Bürsten, Waschrolle, über Rationen und Kochmöglichkeiten.
Nun war schon halb 5 und wir sollten rasch zurück, da wir noch eine Einladung zu einem Charity-Anlass von Home 4 Heroes an diesem Abend hatten. Der Rückweg war eine leichte Tortur, da sich unser Weg auf alten roten Strassen führte, die extrem uneben waren. Als Info für jene, die unsere Motorräder nicht so kennen: Diese haben hinten einen Starrrahmen und somit keine Federung. Der Sitz ist die Federung. Nach unserer Rückkehr ging es rasch: Durchs Umziehen und ab nach Bieville.
Links - John und Jacob Millin. Sohn und Enkel von Bill Millin. Beide spielten diese Woche an unterschiedlichen Orten, wie auch am Denkmal ihres Vorfahren mit dem Dudelsack. Rechts - Autor Neil Barber
Vor Ort trafen wir auf Freunde aus der Schweiz, Deutschland und England. Als grösste Überraschung waren Bill Millins Sohn und Enkel vor Ort und spielten zusammen mit anderen Pipers and Drums verschiedene Stücke für die Besucher. Bill Millin war der bekannte Piper, der zusammen mit Lord Lovats Commandos am 6. Juni gelandet war und dessen Denkmal wir am 2. Juni besucht hatten. Ich persönlich hatte Bill 1995 in St. Louis im Elsass getroffen. Ein weiterer Höhepunkt war das Zusammentreffen mit Neil Barber. Er ist Autor und hat schon einige Bücher über britische Geschichte geschrieben, zuletzt eines über die Einn