15. November 1944
Frontbewegungen im Elsass
In den Kämpfen um die Burgunderpforte haben französische Truppen, unterstützt durch Einheiten der FFI (Forces Françaises de l'Intérieur), das hart umkämpfte Dorf Arcy im Sturm genommen und stehen nun südwestlich von Belfort. Harte Gefechte werden in einer Entfernung von fünf Kilometern zur Schweizer Grenze gemeldet.
Die französischen, marokkanischen und algerischen Einheiten operieren unter massiver Artillerieunterstützung und nutzen das günstige Wetter, das jedoch den Boden nicht ausreichend trocknen konnte. Teilweise müssen die Truppen durch kniehohen Schlamm waten. Unter den am Donnerstag eingebrachten Gefangenen befanden sich viele ältere Männer sowie Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren. Auf dem Weg nach Belfort gilt es, eine Reihe deutscher 88-Millimeter-Geschütze zu überwinden. Infanteristen kämpfen an den Strassenrändern gegen feindliche Truppen, die sich in den Wäldern verschanzt haben, in schweren Bajonettkämpfen. Weiter im Norden erstürmten die Franzosen das seit mehreren Tagen heftig umkämpfte Dorf Le Tholy. In den noch von den Deutschen gehaltenen Städten St-Dié, Corcieux und Lescourt wüten Brände und Explosionen, was auf eine bevorstehende Räumung hindeutet.
An der Grenze zur Schweiz
In Damvant, etwa 60 Kilometer von Basel entfernt, geriet eine Gruppe schweizerischer Aufklärungssoldaten während eines Feuergefechts zwischen französischen Soldaten und deutschen Besatzern unter Beschuss. Dabei wurde Hauptmann Jules Schaffner von einem französischen Soldaten ins Visier genommen und tödlich verwundet, da dieser ihn mit einem deutschen Soldaten hielt. Die Salve der Maschinenpistole traf den jurassischen OFFI (Forces Françaises de l'Intérieur)zier in der linken Schulter und verletzte seine Lunge schwer, woraufhin er kurz darauf verstarb.
Territorial-Kommando Basel
Im Kommando wird die aktuelle Lage an der Grenze aufmerksam beobachtet. Es wird erwartet, dass in den kommenden Tagen französische Truppen an der Grenze bei Basel auftauchen könnten. Inwieweit die Kämpfe Auswirkungen auf Basel haben werden, ist derzeit noch unklar. Die Bevölkerung wird weiterhin durch Hinweise in den Tageszeitungen auf bevorstehende Kämpfe an der Grenze aufmerksam gemacht. Zudem wird sie bei unbeabsichtigten Neutralitätsverletzungen über die Unterbringung in Notunterkünften informiert.
Orientierung über Notunterkunft des Territorial-Kommandos Basel vom November 1944 - Privatarchiv Patrick Schlenker
Die National Zeitung meldet in ihrer Ausgabe vom 15. November 1944
Die Annäherung der Front an das Elsass zeigt sich nicht nur in den Berichten der Heeresleitung, sondern vor allem auch durch den täglich intensiver werdenden Artilleriebeschuss, der besonders am gestrigen Dienstag von früh bis spät aus den Vogesengebieten zu hören war. Auch in der vergangenen Nacht und am frühen Mittwochmorgen war das dumpfe Grollen der Kanonen deutlich vernehmbar. Wie zu erwarten war, führte die Nähe der kriegerischen Ereignisse in den letzten Tagen zu einem erneuten Anstieg des Zustroms an Zivilflüchtlingen. Gleichzeitig kehren auch vermehrt Auslandschweizer aus Deutschland zurück. So traf aus Köln eine vierköpfige, völlig ausgebombte Schweizerfamilie in Basel ein, die – wie viele andere – ohne Strom, Gas, Wasser und andere lebensnotwendige Mittel lebte und bis zuletzt gehofft hatte, trotz aller Schrecken des aktuellen Krieges durchzuhalten. Ihr Gesundheitszustand war so schlecht, dass die gesamte Familie in die Obhut von Krankenhausärzten übergeben werden musste.