19. November 1944
Erste Panzer in der Nähe von Basel
Ab 7 Uhr morgens passiert eine Tausend Fahrzeuge den Brücke von Delle (Territoire de Belfort) über die Allaine, nur 10 Kilometer von der Grenze zum Haut-Rhin entfernt. Es ist der einzige Übergang für die Panzer. Der 1. Armeekorps, geführt von General Béthouart, und die 1. Panzerdivision setzen ihren Marsch mit 900 Panzern und Panzerfahrzeugen in Richtung Mulhouse und Chalampé am Rhein fort.
Zu Beginn des Vormarsches in Courtelevant, kurz vor Pfetterhausen im Gebiet von Belfort, wurden drei taktische Gruppen der voorückenden französsichen Trppen aufgestellt:
Die Gruppe Nr. 1 LEPINAY, die in Richtung Lepuix Neuf, Ueberstrass und Friesen vorrückte.
Die Gruppe Nr. 2 GARDY, unter dem Kommando von Leutnant de Loisy, die sich auf Seppois, Bisel, Feldbach, Riespach und Waldighoffen bis zum Rhein bei Rosenau konzentrierte.
Die Gruppe Nr. 3 DEWATTRE, unter dem Kommando von Oberst Dewattre, die gegen Mittag in Pfetterhouse ins Elsass eintrat. Die Bevölkerung begrüsste die Befreier mit Begeisterung. Die Panzer durchquerten das Dorf und überquerten die Largue um 12:10 Uhr. Kurz danach wurde einer ihrere Panzer, die „Tours“ durch eine Panzerfaust zerstört. Um 13:30 Uhr gab Oberst Caldairon den Befehl an die Gruppe Dewattre, Moernach nicht zu überschreiten, aufgrund der Schwierigkeiten, die die beiden anderen Gruppen erlebten.
80 ans de la Libération de l'Alsace : la première offensive, partie de Montbéliard - Quelle Youtube France 3 Grand Est
Die Franzosen waren mit starken Panzerkräften von Delle aus durch die gefürchtete „Burgunder Pforte“ gestossen, die von mindestens 60.000 deutschen Soldaten bis zum Letzten verteidigt worden sein soll. Im Eiltempo und ohne auf erbitterten deutschen Widerstand zu treffen, erreichten sie am Sonntagmittag die deutsch-französische Sprachgrenze bei Pfetterhausen und stiessen weiter ins Elsass vor. Von Joncherey aus rollten die Panzer über Faverois nach Courtelevant und erreichten gegen 9 Uhr morgens Réchésy. Die Panzer standen damit an der französisch-deutschen Grenze und an der Strasse, die von Pfetterhausen nach Sept führt. Über Réchésy selbst lag am Sonntagmorgen ein undurchdringlicher Rauchschleier, der jede weitere Beobachtung unmöglich machte. Der deutsche Widerstand an der „Burgunder Pforte“, die an ihrer südlichen Flanke bereits durchstossen worden war, erwies sich als deutlich schwächer, als man zuvor angenommen hatte.
Als sich die französische Panzerspitze Courtelevant näherte, flohen rund hundert Einwohner der Ortschaft – Männer, Frauen und Kinder – über die Schweizergrenze, um einer möglichen Beschiessung durch die Angreifer oder die zurückweichenden Deutschen zu entgehen. Sie suchten innerhalb der schweizerischen Grenzpfähle nur einen vorübergehenden Aufenthalt, der ihnen seitens der Schweiz auch bewilligt wurde. Nach der Befreiung des Dorfes durch die französischen Streitkräfte kehrten im Verlauf des Sonntagnachmittags 80 Bewohner zurück, während der Rest die Nacht zum Montag auf Schweizer Boden verbrachte.
Moernach wurde ab 16:00 Uhr erreicht und gesäubert.
Nachstellung - M5 Stuart auf dem Weg zur Front im Elsass - Foto Patrick Schlenker
Im Verlauf der ersten Sonntagnachmittagsstunden konnte man von der Grenze aus beobachten, dass auf Weisung der sich zurückziehenden deutschen Truppen die Bewohner der nahe der Schweizer Grenze gelegenen Ortschaften Ottendorf und Luffendorf sowie diejenigen von Pfirt angewiesen wurden, ihre Dörfer zu verlassen. Kurz vor 16 Uhr war die Kolonne der evakuierten Dorfbewohner jedoch nicht über Pfirt hinausgekommen. Mittlerweile wurden auch die deutschen Grenzsicherungsorgane aus diesen Gebieten zurückgezogen. Später erfuhr man, dass die Zweite deutsche Panzerdivision in den Raum von Dannemarie verlegt worden war. Bis zum Sonntagvormittag waren aus den Kampfgebieten entlang der Schweizer Grenze rund 100 deutsche Soldaten auf Schweizer Boden übergetreten.
Im Zuge der Kämpfe wurden die beiden einzigen Eisenbahnbrücken über den Oberrhein zerstört: die Brücke von Neuenburg (Verbindung Mulhouse-Müllheim) und die Brücke von Breisach (Verbindung zwischen Colmar und Freiburg).
Von der Nordgrenze des Pruntruterzipfels aus war bereits Maschinengewehrfeuer aus der Gegend der Ortschaften Réchésy und Pfetterhausen (nördlich von Bonfol) zu vernehmen. Dies liess darauf schliessen, dass alliierte Patrouillen diese Gebiete erreicht hatten.
Um 17 Uhr war berichtet worden, dass eine alliierte Patrouille bis nach Waldighofen vorgedrungen war, sich jedoch wieder zurückgezogen hatte. Waldighofen lag am Endpunkt der Strecke St. Louis-Volkensberg-Waldighofen, genau 22 km westlich von Basel.
Um 17:30 Uhr erreichte Lieutenant Jean Bernard Marie Gérard Carrelet de Loisy mit seiner Gruppe Nr. 2 GARDY als erster den Rhein bei Rosenau bei Kembs. Um 13 Uhr rückten Loisy's Panzer mit Unterstützung des Regiments der Kolonialinfanterie aus Marokko (RICM) auf Seppois-le-Bas vor, das als erstes elsässisches Dorf in die Geschichte eingeht, das befreit wurde. Nachdem er den feindlichen Widerstand beseitigt hatte, setzte er seinen Vormarsch auf Bisel und Feldbach vor. In Waldighoffen wurde der Feind überrascht und zerstreut, bevor er reagieren konnte. Um 15:45 Uhr hatte Loisy schon Muesbach erreicht und war 50 Km vorgerückt. Weiter als alle anderen Gruppen an diesem Tag. Nachdem er viele deutsche Fahrzeuge zerstört und fast 300 Gefangene gemacht hatte, erreichte er als erster französische Offizier den Rhein. „Für einen Kavallerieoffizier“, sagte er abends in seinenen Freunden. « Pour un officier de cavalerie, disait-il le soir dans sa joie, voir cela et mourir »„Für einen Kavallerieoffizier,das zu sehen und zu sterben“.
Augenzeugenbericht von Frau Louise Kohler: Louise Kohler, damals 23 Jahre alt, lebte mit ihren Eltern in Seppois-le-Bas, welches am 19.11.1944 befreit wurde.
Schon Tage vorher hatte man die Kämpfe im Gebiet von Belfort gehört. Am Samstagabend kam die Nachricht, dass am nächsten Morgen die Befreier kämen. Am Sonntagmorgen, als Louise zur Messe ging, war es ruhig, aber bald näherten sich die Geräusche der Kämpfe. Gegen 10:30 Uhr kamen die ersten französischen Panzer. Ein Schuss eines deutschen Panzerabwehrkanons zerstörte einen der Panzer, der Schütze und ein weiterer Soldat wurden getötet. Louise begegnete einem Soldaten mit einer Bazooka und fühlte sich erschrocken, aber später applaudierte sie ihm und gab ihm sogar einen Kuss. „Wir verwandelten unser Haus in ein Lazarett, um Verwundete zu behandeln und sie nach Delle zu evakuieren. Die marokkanischen Truppen hatten sich im Vorbeugungsgebäude niedergelassen, ihre Maultiere halfen beim Transport.“
Denkmal "Lieutenant Jean de Loisy" in Rosenau an der Rue de Moulin - Foto Patrick Schlenker
Die Gedenktafeln am Denkmal „Leutnant Jean de Loisy“ tragen die Namen der Gefallenen des 2. Régiment de Chasseurs d'Afrique und der 2. Zouaves - Fotos Patrick Schlenker
Loisys original Sherman-Panzer wird bei der Befreiung von Mulhouse am 23. November 1944 von einer Panzerfaust getroffen. Loisy und ein weiteres Besatzungsmitglied kommen dabei ums Leben. 1968 wird Loisy in Rosenau ein Denkmal errichtet. Der Nachkriegs-Sherman-Panzer wird von den Vereinigten Staaten als Erinnerung an die „französisch-amerikanische Waffenbrüderschaft“ gespendet. Der originale Sherman-Panzer mit dem Namen „Austerlitz“ steht heute noch als Denkmal in Mulhouse.
Lieutenant Jean de Loisy's Sherman "Austerlitz" in Mulhouse - Quelle Wikimedia
Territorial-Kommando Basel
Basel erlebte einen sehr unruhigen 19. November 1944. Den ganzen Tag hindurch kam es zu Grenzraumverletzungen durch alliierte Flugzeuge, was dazu führte, dass vier Fliegeralarme ausgelöst wurden.
- 08:50 - 09:55 Uhr
- 10:54 - 11:50 Uhr
- 13:34 - 13:55 Uhr
- 14:44 - 15:39 Uhr
Am Nachmittag überschlugen sich die Ereignisse entlang der Grenze. Aus den Berichten der Armee ist zu entnehmen:
15:30 Uhr: Erste alliierte Panzer erreichen Pfetterhausen, an der Schweizer Grenze bei Beurnevésin. Diese versuchen offensichtlich Hüningen zu erreichen. Waldighofen, zwischen Altkirch und Ferrette, ist von Alliierten besetzt. Deutsche Panzer und Infanterie befinden sich bei Dannemarie im Abwehrkampf.
18:55 Uhr: Schweizer Posten melden Motorengeräusche bei Häsingen. Von Zivilpersonen aus dem Elsass wurde berichtet, dass die Juragrenze zur Schweiz bis Les Verreries von den Deutschen geräumt wurde. Zwischen Les Verreries und Basel stehen nur noch wenige deutsche Truppen.
19:15 Uhr: Das Infanterie-Regiment 23 meldet, dass Dannemarie und Pettenhausen in alliierter Hand ist. Alliierte Panzer versuchen, nach Hüningen durchzustossen. Ihnen gegenüber stehen bei Pfirt (Ferrette) deutsche Panzer. Da sich das Infanterie-Regiment nicht in einer gut rekognoszierenden Stellung befindet, kommen weitere Informationen teilweise verzögert. Der Kommandant des Infanterie-Detachements 8 wird sofort zum Regiment befohlen.
21:30 Uhr: Oberleutnant Lüscher informiert beim Rapport beim Territorialkommando Basel: Die Alliierten haben Pfirt, Dannemarie und Altkirch eingenommen (letzteres ist noch nicht bestätigt). Die Panzerspitze soll vor Mulhouse stehen (ebenfalls noch nicht bestätigt).
22:00 Uhr: Der Kommandant des Territorialkommandos Basel und der Kommandant des Infanterie-Regiments 23 begeben sich an die Grenze bei Allschwil. Hauptmann Halden, Kommandant der Bewachungskompanie 23 BS, stellt die gesamte Mannschaft für den 20.11. auf Pikett.
22:13 Uhr: Der Kommandant der Bewachungskompanie 10 BS wird orientiert. Die Kompaniewache wird um 5 Mann verstärkt.
23:07 Uhr: Die Bereitschaft des Infanterie-Regiments wird reduziert. Ein Drittel der Mannschaft bleibt in den Stellungen. Die Truppen in Allschwil und Schönenbuch können vom Bewachungsorts-Kommandanten nach Bedarf aufgeboten werden.
23:35 Uhr: 1. UOf und 5 Mann von Bew. Kp. 10 BS Wache KP aufgezogen.