11. September 1944
Da sich der Krieg Basel näherte, war dies nicht nur am Anstieg der täglichen Fliegeralarme zu spüren, sondern auch daran, dass die Rheinbrücken – wie schon 1939 und 1940 – verstärkt bewacht und Abwehrmassnahmen installiert wurden.
Am 5. September 1944 stellte das im Hotel Central untergebrachte Territorialkommando Basel beim Kommando des 2. Armeekommandos den Antrag, die Basler Rheinbrücken wieder bewachen und verminen zu lassen, um einer möglichen Umgehung über die Rheinbrücken durch beide Kriegsparteien entgegenzuwirken.
Tanksperre auf der Mittleren Brücke - Staatsarchiv Basel-Stadt NEG 21899 - Koloierung Patrick Schlenker
Die Bewachung sollte durch die HD-Bewachungskompanie 11 übernommen werden. Folgende Aufträge wurden dabei ausgelöst:
- HD-Bew. Kp. 5 und 8 werden über Aufgebotsplakate aufgeboten.
- HD-Bew. Kp. 5 übernimmt die Objektsicherung an der Birs und löst Kp. 22 ab.
- HD-Bew. Kp. 8 bleibt vorläufig als Reserve im Pestalozzi-Schulhaus.
- HD-Bew. Kp. 22 stellt eine Flugplatzwache am Sternenfeld (5 Mann) und löst HD-Bew. Kp. 11 am Bahnhof SBB ab.
- HD-Bew. Kp. 11 verlegt nach der Ablösung nach Binningen als Reserve.
Fesselballon mit Schweizer Kreuz zur Luftraumischerung und markierung der Schweizer Landesgrenzen bei Wasserwerk Basel - Foto Privatarchiv Patrick Schlenker
Im grenznahen St. Louis kam es immer wieder zu Angriffen amerikanischer Tiefflieger, die Hauptstrassen und Züge mit ihren Bordwaffen unter direktes Feuer nahmen. Betroffen waren auch Züge, die aus Deutschland in die Schweiz einfuhren, sodass die Schäden an einfahrenden Zügen deutlich sichtbar waren.
Der 11. September war ein eher unruhiger Tag für die Basler. Nachdem bereits am 8. September viermal Fliegeralarm ausgelöst worden war, ertönten die Sirenen am 11. September ebenfalls mehrmals.
- 10:06 bis 11:21 Uhr
- 12:49 bis 14:20 Uhr
- 14:34 bis 16:04 Uhr
Während des letzten Alarms konnten im Gebiet von Grenzach mehrere starke Detonationen gehört und eine dichte Rauchentwicklung beobachtet werden. Infolge des Einsatzes der deutschen Luftabwehr schlug ein Flakgeschoss oder dessen Überreste in das Dach des Gebäudes an der Hirzbodenstrasse 42 ein und beschädigten es.
Am 9. September 1944 schrieb Gertrud Löw, wohnhaft Ziegelstrasse 8 in Basel in ihr Kriegstagebuch:
"Das Näherrücken des Krieges spüren und hören wir in vermehrten (Flieger-)Alarmen (4 bis 8 mal täglich), in fast täglichen „Grenzverletzungen“ durch fremde Flugzeuge, in zweistündigem Patrouillenfliegen von zwei kleinen schweizerischen Jagdmaschinen in der Luft, in viel Soldaten um uns herum in der Stadt und in den Garagen im Hof (hinter unserem Haus), an den Barrikaden-Geschichten (Sandsäcke und Stacheldraht en masse im Spalentor u.a.m.) und einer allgemeinen, aufgeregten Unruhe. Auch die Kinder, die teilweise in anderen Schulhäusern Schule haben, weil in vielen Militär einquartiert ist, sind „am Drähtchen“. Wie muss erst das Kriegsgeschehen auf das sensible Kindergemüt (im Ausland) einwirken! "
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Bombardierung Schnellzug Zürich - Basel bei Pratteln
National Zeitung vom 12. September nach dem Angriff auf den Schnellzug Zürich - Basel - Foto Privatarchiv Patrick Schlenker
Um 14:35 Uhr greifen drei amerikanische Jagdflugzeuge den Schnellzug von Zürich nach Basel zwischen Augst und Pratteln an. Mit Bordwaffen und leichten Bomben ausgestattet, nehmen sie den Zug ins Visier.
Kurz zuvor hatten dieselben drei Flugzeuge bei Augst bereits mehrere kleinere Bomben auf die Bahnanlagen abgeworfen. Zwei Bomben trafen links und rechts den Bahndamm am Südrand von Augst. Dabei blieben die Gleise unbeschädigt, jedoch wurde die Oberleitung heruntergerissen. Grössere Schäden an Wohnhäusern und der Umgebung wurden gemeldet. So wurden Fensterscheiben eingedrückt, Ziegel von den Dächern geschleudert, und Fensterläden hingen lose an ihren Verankerungen. Eine Frau erlitt eine Knieverletzung und musste ins Krankenhaus in Liestal gebracht werden.
Zwei weitere Bomben schlugen etwa 1 km ausserhalb von Augst auf freiem Ackerland ein, entwurzelten mehrere Bäume und beschädigten weitere. Die rund 150 Meter entfernten Häuser an der Ergolzstrasse wurden teils durch Splitter, teils durch den Luftdruck beschädigt. Vier weitere Bomben fielen zwischen Augst und Pratteln auf den Bahndamm. Zwei davon richteten nur Flurschäden an. Die auf dem Feld arbeitenden Bauern konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen, allerdings wurde ein Pferd von einem Splitter verletzt.
Die anderen beiden Bomben trafen die Gleise und rissen die Bahnschwellen aus dem Boden, wodurch die Oberleitung zerstört wurde. Der Lokführer des Schnellzugs aus Zürich, der um 14:42 Uhr in Basel hätte eintreffen sollen, leitete geistesgegenwärtig eine Notbremsung ein, die den Zug rechtzeitig zum Stehen brachte. Auch hier richtete die Druckwelle Schäden an. Viele Zugfenster zerbarsten, und die umherfliegenden Glassplitter verletzten mehrere Fahrgäste. Weitere Passagiere wurden infolge der Notbremsung verletzt.
Der Lokführer, der nach dem Halt am Boden des Führerstandes der Lok Schutz suchte, wurde ebenfalls verletzt. Die Lok wies mehrere Einschüsse von Bordwaffen auf, nachem die amerikanischen Flieger nach dem abwurf ihrer Bomben mit Bordwaffen den Zug unter Feuer genommen hatten.
Fotografie, Bombardierung der Bahnlinie nach Augst - Kulturgüterportal Baselland - Inventarnummer D2.7547 - Fotograf Strübin, Theodor - Die Fahrleitung und die Geleise werden wieder Instand gesetzt.