Historische Reisepässe - eine kleine Zeitreise

Zur Vervollständigung und Perfektionierung unserer Zeitreisen gehören neben der Kleidung auch eine ganze Fülle von Accessoires, wie zeitgenössische Uhren, Brillen, Stöcke oder Schirme, Geldbörsen und natürlich amtliche Dokumente, dazu.

Unter diese amtlichen Dokumente fallen auch Reisepässe, von denen sich in den vergangenen Jahren bei mir einige historische Stücke angesammelt haben, je nach Darstellung oder Epoche. Der Reisepass gibt einem das Recht zum grenzüberschreitenden Reisen und grundsätzlich zur Rückkehr ins eigene Hoheitsgebiet. Der Reisepass dient der Identifizierung und Legitimation gegenüber staatlichen Behörden.

PASS leitet sich vom lateinischstämmigen Pessare („durchgehen, passieren“) ab. PASSPORT aus dem Französischen weist darauf hin, dass es sich dabei um das „Einlass erhalten bei Pforten/Toren“ handelt. Pässe gab es vereinzelt schon im Altertum, aber auch im Mittelalter, wo in gewissen Gebieten bereits Grenzkontrollen existierten und der Einlass ohne Dokument verboten war.

Schweizer Reisepässe

Die rote Passfarbe, die wir heute kennen, wurde erst 1959 eingeführt. Noch vor 1916 wurden Reisepässe von den Kantonen ausgestellt. Im Laufe des Ersten Weltkrieges gab es internationale Verschärfungen und Beschränkungen der Reisemöglichkeiten. Am 27. November 1916 führte der Schweizer Bundesrat eine für die ganze Schweiz gültige Regelung mit der "Verordnung betreffend die Verwendung eines einheitlichen Passformulars" ein.

Anders als wir es heute gewohnt sind, mussten in den Reisepässen damals viel mehr Signalements dokumentiert werden. Neben Haar- und Augenfarbe mussten oft auch die Form des Kopfes, der Nase, der Körperfigur oder der Ohren sowie die Form des Mundes angegeben werden. Fotos wurden insbesondere bei den kantonalen Reisepässen nicht immer verlangt. Bei den späteren Reisepassmodellen wurde zwar ein Lichtbild gefordert, dies war jedoch meist ein Bild aus dem Familienalbum und entsprach kaum den heutigen Standards. Den roten Reisepass mit dem Schweizer Kreuz gab es erst nach 1959.

Kantonale Reisepässe bis 1916

Kanton Zürich

Das aus dem Kanton Zürich stammende Wanderbuch und der Reisepass mit der Nummer 10 wurden am 19. Januar 1849 für Herrn Conrade Ehernsperger aus Oberwinterthur ausgestellt. Am 18. Januar war der Pass erstmals von der preussischen Gesandtschaft in der Schweiz abgestempelt worden. Weitere Stempel stammen von der Gesandtschaft Bayerns sowie aus Solothurn und Bern, später auch aus Basel, wo der Aufenthalt zur Arbeit bestätigt wurde.

Pass_2 Pass_3

Pass_4 Pass_5

 

Kanton Aargau – Der zweitälteste Reisepass in meinem Besitz stammt aus dem Kanton Aargau und wurde im Jahr 1873 als Reisepass Nr. 33 für Max William Werder für eine Reise nach Frankreich ausgestellt. Max wanderte nach dem Ersten Weltkrieg in die USA aus. Den Reisepass sowie viele weitere persönliche Dokumente konnte ich vor vielen Jahren in einem Konvolut aus den USA erwerben. Am 13. Februar 1873 reiste Max schliesslich nach Frankreich aus.

Reisepass Kanton Aargau 1873  reisepass Kanton Aargau 1873

Kanton Tessin – Ein weiterer kantonaler Reisepass stammt aus dem Kanton Tessin und wurde am 10. Februar 1915 als Passnummer 111 für Schrempp Riccardo di Francesco aus Basel, wohnhaft in Chiasso, ausgestellt. Der Reisepass wurde im Herbst 1915 mehrfach für Übertritte nach Italien und zurück verwendet.

Reisepass Kanton Tessin 1915

Reisepass Kanton Tessin 1915 Reisepass Kanton Tessin 1915

Schweizer Reisepass ab 1916

Die beiden mir vorliegenden Schweizer Reisepässe in Grün, wie sie ab 1916 ausgegeben wurden, stammen von Jacques und Elisabeth Balderveck, wohnhaft in Basel, für eine Reise nach Frankreich. Später wurde das Wort Frankreichdurchgestrichen und durch étranger (Fremde) ersetzt. Ausgestellt wurden beide Reisepässe am 29. Juni 1920 und waren ein Jahr gültig. Annulliert wurden die beiden Pässe jedoch erst am 1. Juli 1928.

Reisepass Schweiz 1916

 Reisepass Schweiz 1916 Reisepass Schweiz 1916

Signalementseiten mit Lichtbildern von Elisabeth, bezw. Jaques Balderveck. 

Reisepass Schweiz 1916

Reisepass Schweiz 1916 Reisepass Schweiz 1916

Beide Pässe weisen eine ganze Fülle von Grenzübertritten auf. Dazu gehörte auch eine Dauerreisebewilligung für Deutschland, resp. Bayern

Schweizer Reisepässe ab 1932

Ab 1932 waren die Schweizer Reisepässe braun gehalten und mit einem Schweizer Kreuz versehen.

Reisepass Schweiz 1932

Einer der beiden Pässe in meinem Fundus wurde am 15. Oktober Der Reisepass wurde 1935 in Zürich für Frau Adeline Pfenninger ausgestellt und kostete 10,00 CHF. Die aus Hinwil stammende Köchin war am 18. Juni 1918 zur Welt gekommen. 1935 reiste sie mehrfach nach Frankreich. Am 13. November 1935 wurde ihr Pass von der Immigration in Newhaven und am 18. November 1935 von der Metropolitan Police abgestempelt, wodurch ihr die Einreise nach England bewilligt wurde. Ihre Rückreise trat sie erst am 26. Oktober 1936 an. Ihr Reisepass war gültig bis zum 15. Oktober 1938.

Reisepass Schweiz 1932 Reisepass Schweiz 1932

Reisepass Schweiz 1932

Dem Pass beigefügt war eine Matrikelkarte, die ihren Eintrag in die Konsularmatrikel am 16. April 1936 bescheinigte.

Der zweite Reisepass desselben Modells stammt aus dem Jahr 1948 und gehörte Theodor Anderegg aus Wattwil bei St. Gallen, geboren am 1. April 1922. Am 8. Juni 1948 unternahm er eine Reise nach Stuttgart, das zu dieser Zeit Teil der US-amerikanischen Besatzungszone war.

Reisepass Schweiz 1932

Es wurde schriftlich vermerkt, dass der Aufenthalt für 12 Tage galt. Neben dem Stempel wurde eine Marke im Wert von 2 $ mit dem Zeichen des Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force (SHAEF) in den Pass geklebt. Am 11. Juni 1948 reiste er mit dem Zug weiter nach Gottmadingen-Gare. Am Bahnhof wurde sein Pass von den französischen Besatzungstruppen abgestempelt. Ein weiterer Stempel stammt aus Bondorf und wurde vom US-Zoll angebracht.

Reisepass Schweiz 1932Reisepass Schweiz 1932

Am 4. September 1950 wurde der Pass bis zum 4. September 1953 verlängert. Weitere Reisen führten den ehemaligen Patissier und späteren Magaziner nach Österreich und Deutschland.

Reisepass Schweiz 1932

Ausländische Reisepässe

Reisepass England 

Reisepass England

Die englischen Reisepässe haben einen langen Weg der Entwicklung hinter sich, der bis ins Jahr 1414 zurückgeht.

1414 – Der früheste aufgezeichnete britische Pass geht auf Dokumente zurück, die als sichere Geleitdokumente bekannt sind. Diese erschienen in einem Gesetz des Parlaments unter der Herrschaft Heinrichs V.

1540 – Der Geheimrat, der den Monarchen berät, erteilt Pässe.

1641 – Der älteste noch existierende Reisepass wurde am 18. Juni 1641 ausgestellt und von Karl I. unterzeichnet.

1641 – Das Dokument wurde von Charles I. unterzeichnet, der allgemein bekannt als König Karl I. ist. Er erteilte Sir Thomas Littleton die Erlaubnis, „aus unserem Reich in den Teil jenseits der Meere zu ziehen, um dort für den Zeitraum von drei Jahren zu bleiben“.

1778 – Bis dahin wurden Pässe in Englisch und Latein verfasst. Ab diesem Datum wurden sie in Französisch ausgestellt, der damaligen Diplomatiesprache.

1794 – Alle Pässe wurden vom Hauptstaatssekretär für auswärtige Angelegenheiten ausgestellt, dem heutigen Aussenministerium. Alle Pässe, die vom König und der Königin ausgestellt wurden, waren ebenfalls unterzeichnet.

1915 – Die ersten britischen Pässe im modernen Stil, einschliesslich Foto und Unterschrift, wurden erstmals ausgestellt. Sie bestanden aus einem einzigen Stück Papier, das sich ausfalten liess und zwischen Papphüllen lag.

1921 – Der erste blaue Reisepass im Buchformat wurde 1921 herausgegeben. Er hatte 32 Seiten und war teilweise auf Französisch verfasst.

Der vorliegende Reisepass für den Chief Draughtsman (Chefzeichner) Mr. Morris Wilson, mit der Passnummer 3538, wurde am 24. Juni 1934 ausgestellt. Damit hätte er Reisen ins britische Empire, nach Frankreich, Belgien, Schweiz, Italien, Holland, Spanien, Portugal, Österreich, Deutschland und Luxemburg unternehmen können. Ob er je eine Reise angetreten hat, ist nicht bekannt, da der Reisepass keine Grenzstempel aufweist.

Reisepass EnglandReisepass England

Meine Recherchen zu Morris Wilson haben übrigens ergeben, dass er am 24. Juli 1900 als Sohn von Frederick und Eliza Wilson sowie Bruder von Gladys geboren wurde. Am 2. Juli 1918 wurde Morris beim 3rd Battalion West Yorkshire Regiment gemustert. Als Ausbildungseinheit blieb das 3rd Battalion während des gesamten Krieges in Grossbritannien.

Personalausweis britische Zone

Personalausweis britische Zone

Die britische Besatzungszone war eine von vier Besatzungszonen, die nach der Kapitulation im Mai 1945 von den alliierten Siegermächten auf der Grundlage des Besatzungsrechts aufgeteilt wurde. Die Zone umfasste die preussischen Provinzen Hannover, Schleswig-Holstein und Westfalen, den Norden der Rheinprovinz sowie die Länder Braunschweig, Hamburg, Lippe, Oldenburg und Schaumburg-Lippe.

Personalausweis britische Zone

Um in und aus der britischen Zone zu gelangen, wurden Personalausweise ausgestellt. Der hier gezeigte stammt von Hans Schmitt, geboren am 14. Oktober 1914.

Reisepass Italien

Reisepass Italien

Italienische Reisepässe bestanden bis 1901, wie in anderen Ländern auch, aus einem einseitigen Dokument. Das mehrseitige Reisedokument wurde durch die „Ausführungsverordnung“ zum Auswanderungsgesetz Nr. 23 vom 31. Januar 1901 geregelt. Die Einführung eines mehrseitigen Formats ermöglichte es, spezielle Räume für Anmerkungen, Vermerke und Erneuerungen des Dokuments bereitzustellen. Jedoch war kein Platz für das Foto des Eigentümers vorgesehen, und man entschied sich später, es auf einer Seite anzubringen, die ursprünglich für einen anderen Zweck bestimmt war.

Reisepass Italien Reisepass Italien

Der mir vorliegende „Passporte per L'Estero“ wurde am 11. April 1921 in Triest ausgestellt, und zwar für Pacor Ernesto aus Triest, geboren am 26. September 1874. Der Reisepass enthält eine Reisebewilligung für den Übertritt nach Österreich, die bis zum 21. Mai 1921 gültig war. Weitere Einträge gibt es leider nicht.

Reisepass Deutsches Reich

In Preussen wurde kurz vor der Kriegserklärung an Frankreich am 20. März 1813 die Wiedereinführung der Passpflicht für Ausreisen erlassen. Die Reisepapiere waren ausschliesslich für zuvor bestimmte und festgelegte Reiserouten gültig und mussten täglich abgezeichnet werden. Die Anpassungen wurden jedoch nach der Niederlage Frankreichs und dem Zusammenführen der Staaten des späteren Deutschen Bundes wieder gelockert.

Am 7. Februar 1865 schlossen Sachsen, Bayern, Hannover und Württemberg einen Passvertrag, sodass ihre Bürger keinen Pass mehr mitführen mussten.

Nach der Passverordnung vom 21. Juni 1916 gab es inhaltliche, formelle und organisatorische Anpassungen des deutschen Passes, die unter anderem die Laufzeit der Pässe auf ein Jahr begrenzten. Neu war, dass Kinder ab zwölf Jahren, die bis dahin im Pass des Vaters eingetragen waren, nun im Besitz eines eigenen Passes sein mussten.

Mit der Weimarer Republik ab 1924 sowie 1932 änderte sich das Passwesen erneut.

Ersatz-Reisepass Elsass-Lothringen 1918

Das Elsass wurde nach dem verlorenen Krieg gegen Deutschland 1870/71 und dem verbundenen Friedensvertrag von Frankfurt im Mai 1871 dem Deutschen Reich angegliedert. Die Bewohner des Elsass erhielten die elsass-lothringische Staatsangehörigkeit. Sie hatten jedoch auch die Möglichkeit, sich bis zum 1. Oktober 1872 für die Beibehaltung der französischen Staatsbürgerschaft zu entscheiden.

Pass_7 Pass_8

Der hier gezeigte Ersatz-Reisepass wurde am 1. Juni 1918 an Fräulein Magdalena Lutz, geboren am 28. Juli 1893, von der Kreisdirektion Colmar ausgestellt. In den Pass geklebt wurde zusätzlich der Ausweis Nr. 82, mit dem Hinweis, dass Fräulein Lutz im Armee-Pionierpark Neubreisach beschäftigt war.

Pass_9

Reisepass 1935

Der hier gezeigte Pass des Deutschen Reiches unterlag dem Reichsbürgergesetz von 1935. Der Pass wurde für die deutsche Bevölkerung, Reichsbürger und „Angehörige deutschen oder artverwandten Blutes“ ausgestellt, während Staatsangehörige und „Angehörige rassefremden Volkstums“ andererseits ebenfalls einen Pass erhielten.

Reisepass Deutsches Reich

Reisepass Deutsches ReichReisepass Deutsches Reich

Der am 22. April 1937 ausgestellte Reisepass für Bertha Klara Meyer, geborene Remmann, aus der sächsischen Kleinstadt Flöha im Landkreis Mittelsachsen, besitzt nur einen Reisetempel, der leider nicht mehr zu identifizieren ist. Bertha wurde am 12. Januar 1875 in Flöha geboren.

Reisepass Deutsches Reich

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.